Das muss man bei der Patientenverfügung beachten

Ein Arzt muss sich im Ernstfall nicht immer an die Patientenverfügung halten. Warum ist das so? Welche Voraussetzungen müssen bei einer Willenserklärung gegeben sein und wie lange ist sie gültig? All diese Fragen werden in diesem Blogbeitrag beantwortet.

 

Familie versammelt um älteren Mann im Krankenhausbett

 

Isabelle sitzt auf den weißen Laken des Krankenbetts. Das Piepen des Herzmonitors treibt sie in den Wahnsinn. Jeden Tag nach der Arbeit besucht sie ihren Vater, nur um zu sehen, dass er immer noch nicht aus dem Koma erwacht ist.

 

Mit ihrer Schwester hatte sie sich schon vor Monaten zerstritten, denn sie beharrt darauf, die lebenserhaltenden Maßnahmen zu unterlassen. Es hätte ihrer Meinungen nach keinen Sinn mehr. Isabelle weiß nicht, was sie tun soll. Was hätte ihr Vater bloß gewollt?

 

Patientenverfügung: Was ist das?

Damit Kinder und andere Angehörige nicht vor die Herausforderung gestellt werden, eine so schwierige Entscheidung treffen zu müssen, können Patienten und Patientinnen eine Patientenverfügung verfassen. Dabei handelt es sich um eine Willenserklärung, die für den Fall verfasst werden, dass er oder sie nicht mehr zurechnungsfähig oder ansprechbar ist. Mit diesem Schreiben lehnt er oder sie im Vorhinein bestimmte medizinische Behandlungen ab, anstatt diese Entscheidung beispielsweise den Kindern zu überlassen. Die abgelehnten medizinischen Behandlungen müssen konkret genannt werden.

 

Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten unterschieden: Die verbindliche und die beachtliche Patientenverfügung. Bei der verbindlichen Variante ist der Arzt oder die Ärztin dazu verpflichtet, der Willenserklärung Folge zu leisten und dürfen die abgelehnten Maßnahmen auf keinen Fall durchführen. Verbindlich ist sie jedoch nur, wenn sie die folgenden Punkte erfüllt:

 

  • Höchstpersönliche Errichtung und Vorliegen der Einsicht- und Urteilsfähigkeit bei der errichtenden Person

     

  • Ärztliche Aufklärung

     

  • Errichtung vor einem Anwalt / Notar oder rechtskundigen Patientenvertreter

     

  • Ablehnung bestimmter medizinischer Behandlungen

     

  • Aktualität

     

Ist eine der Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich nicht mehr um eine verbindliche Patientenverfügung, sondern um eine beachtliche. Für den Arzt oder die Ärztin ist es also nicht verbindlich bzw. verpflichtend, der Willenserklärung Folge zu leisten, sie dient für ihn oder sie nur als Orientierung. Die Voraussetzungen für die beachtliche Variante sind lediglich

 

  • Höchstpersönliche Errichtung
  • Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei der errichtenden Person

     

Sie kann demnach auch ohne Notar verfasst werden. Die garantierte Umsetzung des eigenen Willens kann jedoch nur die verbindliche Patientenverfügung gewährleistet. Diese Variante wird deshalb empfohlen.

 

Wichtige Dokumente im Büro unterschreiben

 

Wer kann eine Patientenverfügung erstellen?

In Österreich kann sie unabhängig davon erstellt werden, ob aktuell eine Erkrankung vorherrscht oder nicht. Die häufigsten drei Personengruppen sind zum einen ältere Personen, die in ihrer letzten Lebensphase bestimmte Behandlungen ablehnen. Andererseits machen bereits erkrankte Personen wie beispielsweise Krebspatienten und -patientinnen einen großen Teil aus. Die dritte Gruppe besteht aus Menschen, die aus religiösen Gründen spezielle Behandlungen ablehnen.

 

Die Voraussetzungen für die Erstellung sind lediglich Einsichts- und Urteilsvermögen, das Alter spielt dabei keine Rolle. In der Praxis vermutet der Gesetzgeber jedoch das Einsichts- und Urteilsvermögen ab dem 14. Lebensjahr.

 

In jedem Fall muss die Person sich über den Grund und die Bedeutung der Behandlung bewusst sein, die sie bereit ist abzulehnen. Weder die Eltern noch Stellvertreter sind bemächtigt, die Patientenverfügung für eine Person zu erstellen, das ist nur höchstpersönlich möglich.

 

Voraussetzungen für eine Patientenverfügung

Neben dem Einsichts- und Urteilsvermögen ist es wichtig, Grundinformationen über die Bedeutung und die Folgen einer Patientenverfügung zu haben. Informationen dazu erhält man online beim Sozialministerium sowie bei der Patientenanwaltschaft. In jedem Fall sollte aber ein Arzt zu Rate gezogen werden.

 

Allgemein kann jede Medizinerin und jeder Mediziner über das Thema aufklären, wenn er oder sie über die entsprechenden Kenntnisse verfügt. Es wird jedoch in vielen Fällen empfohlen, sich an Fachärztinnen oder Ärzte zu wenden. Diese verfügen über entsprechendes Wissen bezüglich der Folgen einer Nichtbehandlung und können Auskunft hinsichtlich alternativer Behandlungsmethoden geben.

 

Patientenverfügung Notiz mit Stethoskop auf Tastatur

 

Erstellung, Kosten und Gültigkeit

Vorlagen, Formulare und Ausfüllhilfen sind beim Sozialministerium und der Patientenanwaltschaft online abrufbar und können ganz einfach ausgedruckt werden. Möchte man eine Willenserklärung erstellen, können für die ärztliche Aufklärung und die Errichtung beim Anwalt oder Notar Kosten anfallen.

 

Diese Kosten trägt man selbst. Da es keinen fixen Kostensatz gibt, können die Kosten je nach Art der Verfügung und der Errichtungsstelle variieren. Die meisten Patientenanwaltschaften bieten die Errichtung kostenlos an.

 

Ist die Bürokratie erledigt, muss das Dokument sorgfältig bis zum Ernstfall aufbewahrt werden. Dafür ist es möglich, es im Patientenverfügungsregister der österreichischen Rechtsanwälte oder im Patientenverfügungsregister des österreichischen Notariats zu hinterlegen. Jedes österreichische Krankenhaus kann im Notfall uneingeschränkt darauf zugreifen. Zusätzlich wird empfohlen, eine Kopie bei sich Zuhause in einer Dokumentenmappe mitsamt weiteren wichtigen Dokumenten zu verwahren.

 

Besonderes Augenmerk sollte darüber hinaus auf die Gültigkeit geworfen werden. Bis Ende 2018 war die  Patientenverfügung  fünf  Jahre  lang  gültig.  Seit  2019  gilt  sie  acht  Jahre.  Danach muss  man  sie verlängern lassen.

 

Bei der Erneuerung ist jedoch keine juristische Belehrung mehr notwendig. Verliert der Patient oder die Patientin inzwischen die  Einsichts-  und  Urteilsfähigkeit,  kann  sie nicht  erneuert werden,  da  er oder sie  nicht  vollständig 

 

zurechnungsfähig  ist.  Die  Verbindlichkeit  geht  in diesem Fall nicht verloren.

 

Notarschild an einer Gebäudefassade

 

Wann ist eine Patientenverfügung unwirksam?

Eine Patientenverfügung kann auf mehreren Wegen unwirksam gemacht werden. Zunächst können Patientinnen und Patienten den Willen widerrufen.

 

Das ist jederzeit möglich und auch formfrei gültig. Willigen sie nicht in die abgelehnten Maßnahmen ein oder zerreißen sie die Willenserklärung, gilt das als Widerruf. Zurechnungsfähigkeit muss dabei jedoch gegeben sein.

 

Des Weiteren ist der Fortschritt der Medizin ein wichtiger Faktor für die Wirksamkeit. Konnte seit der Erstellung oder letzten Erneuerung ein wesentlicher medizinischer Fortschritt errungen werden, verliert die Willenserklärung an Gültigkeit.

 

Das liegt daran, dass die ursprünglich erfolgte ärztliche Aufklärung nicht mehr ausreicht und ein erneutes Gespräch stattfinden muss. Damit soll gewährleistet werden, dass der oder die Betroffene wieder auf dem neusten medizinischen Stand ist und folgenschwere Entscheidungen wie die, die der Patientenverfügung zu Grund liegen, dementsprechend neu treffen kann.

 

Der dritte Grund für die Unwirksamkeit kann schon beim Erstellen der Willenserklärung eintreten. Der Patient oder die Patientin muss das Dokument frei und nach bestem Wissen und Gewissen erstellen. Gibt es Hinweise darauf, dass das nicht der Fall war und er oder sie getäuscht wurde oder einem physischen oder psychischem Zwang unterlag, ist die Willenserklärung unwirksam.

 

Noras Checkliste und Fazit

Lächelnde Nora

 

Eine Patientenverfügung gibt uns die Möglichkeit auch in unserer letzten Lebensphase oder einem früheren Ernstfall nach dem eigenen Willen behandelt zu werden und Angehörigen diese oft schwierige Last von den Schultern zu nehmen. Nutzen wir doch diese Möglichkeit! Deshalb sind hier nochmal meine Tipps zusammengefasst:

 

  1. Erkundige Dich bei dem Arzt oder der Ärztin Deines Vertrauens und vereinbare ein Aufklärungsgespräch

     

  2. Nimmt Dir Zeit für Dich und werde Dir darüber im Klaren, welche medizinischen Behandlungen Du im Ernstfall ablehnen möchtest

     

  3. Vereinbare einen Termin mit einem Anwalt oder einer Anwältin und lasse Deine Patientenverfügung in einem Register hinterlegen

     

  4. Aktualisiere das Dokument alle acht Jahre, um sicher zu gehen, dass die Entscheidungen immer noch Deinem Willen und dem medizinischen Fortschritt entsprechen.

     

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