Pflegekräfte aus Asien - Billige Arbeitskräfte statt nachhaltiger Ursachenbekämpfung
Das Personal ist knapp, die Bedingungen sind schlecht, und die Initiativen greifen oft zu kurz. Statt sich nachhaltig um die tiefgreifenden Probleme im Pflegebereich zu kümmern, setzt man immer häufiger auf das Anwerben von Pflegekräften aus Asien (philippinischen Pflegekräften). Aber ist wirklich das Wohl unserer Pflegebedürftigen die treibende Kraft dahinter?
Saya’s Geschichte: Ein Traum, der anders kam
Saya (27 Jahre) sieht in Deutschland die Chance, die sie zuhause auf den Philippinen nicht hat. Mit einem Universitätsabschluss und einer medizinischen Ausbildung im Gepäck hat sie sich mutig entschieden, ihre Familie zurückzulassen, um in Deutschland als Pflegekraft zu arbeiten. Doch die Realität sieht anders aus, als sie es sich vorgestellt hat. Zuhause durfte sie vieles selbst entscheiden, hier ist sie einstweilen „nur“ eine Hilfskraft.
Trotzdem weiß sie, dass sie zuhause kaum Karrieremöglichkeiten gehabt hätte. In ihrem Heimatland werden Pflegekräfte weit über den Bedarf ausgebildet, und auch die meisten ihrer ehemaligen Kommilitonen haben sich längst anderswo umgeschaut.
Woher kommen Österreichs Pflegekräfte?
Saya ist nur eine von vielen ausländischen Pflegekräften im deutschsprachigen Raum. Auch in Österreich ist längst klar: Ohne die Zuwanderung von Pflegekräften aus Asien und anderen Staaten würde das österreichische Pflegesystem schnell zusammenbrechen. Und das wird sich in Zukunft sogar noch verschärfen.
Aufgrund der demografischen Entwicklung und der immer älter werdenden Gesellschaft wird es Prognosen zufolge bis 2030 einen zusätzlichen Bedarf von 34.200 Pflegekräften geben. Um diesen Bedarf unter Berücksichtigung der abnehmenden Attraktivität des Pflegeberufs für Österreicherinnen und Österreicher decken zu können, muss Hilfe aus dem Ausland kommen.
Schon 2017 waren laut Sozialministerium nur rund 1,6 Prozent aller Betreuer österreichischer Herkunft. Der Großteil stammt aus der Slowakei, Rumänien, Polen und anderen osteuropäischen Ländern. Doch zunehmend richtet sich der Blick auch über die europäischen Grenzen hinaus – vor allem in Richtung Asien.
Warum die Philippinen?
Die Philippinen sind sowohl in Deutschland als auch in Österreich eine begehrte Quelle für Pflegekräfte. Drei wesentliche Gründe erklären den Fokus auf den südostasiatischen Inselstaat:
Kulturelle Nähe:
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Viele Philippiner sind christlich geprägt, was besonders älteren österreichischen Patienten, die Pflege benötigen, das Gefühl gibt, sich mit einer Person zu identifizieren, die ihre Werte teilt. Die soziale und emotionale Annäherung, eine wichtige Basis für erfolgreiche Pflege, kann so leichter hergestellt werden.
Hoher Ausbildungsstandard:
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Das Ausbildungssystem im Pflegebereich auf den Philippinen ist mit dem in Österreich vergleichbar und genießt international einen sehr guten Ruf. Während in Österreich die Ausbildung zur Pflegekraft sechs Semester dauert, sind es auf den Philippinen acht Semester, inklusive eines verpflichtenden Praktikums und Deutschunterrichts. Diese intensive Ausbildung macht Pflegekräfte aus dem asiatischen Raum international hoch angesehen.
Tradition und Notwendigkeit:
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Schon in den 1970er Jahren gab es einen Trend zur Einwanderung philippinischer Fachkräfte nach Österreich. Heute kehrt dieser Trend zurück, unterstützt durch die Tatsache, dass hochqualifizierte Pflegekräfte in ihrer Heimat oft keine beruflichen Aufstiegschancen haben und die Arbeitslosenquote im Pflegebereich in Asien hoch ist. Mehr über die Pflegeausbildung und ihre Herausforderungen erfährst Du in unserem entsprechenden Artikel.
Die „Win-Win-Win-Situation“?
Deutschland ist bei der Anwerbung ausländischer Pflegekräfte Österreich um Meilen voraus. Mit dem Projekt Triple Win – einer Initiative zur Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland – verfolgt Deutschland seit 2012 das Ziel, den Fachkräftemangel zu reduzieren und gleichzeitig die Arbeitsmärkte in Bosnien und Herzegowina, Serbien und auf den Philippinen zu entlasten.
Das Programm hat drei erklärte Ziele:
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Den deutschen Pflegekräftemangel abfedern – der erste „Win“.
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Den migrierten Pflegekräften bessere berufliche Perspektiven bieten, die sie in ihrem Heimatland aufgrund des ausgelasteten Arbeitsmarktes nicht finden – der zweite „Win“.
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Die wirtschaftliche Entwicklung im Heimatland fördern durch die Verbreitung von Wissen und die Rückkehr von Migranten mit neuen Qualifikationen – der dritte „Win“.
Doch in der Praxis kämpfen die Pflegekräfte mit rechtlichen Unsicherheiten, fehlenden Bildungsmöglichkeiten und eingeschränkten politischen Rechten. Viele von ihnen sind in Niedriglohnsektoren beschäftigt, weit unter ihrem Qualifikationsniveau – ein Phänomen, das als "Brain Waste" bezeichnet wird.
Die versprochene wirtschaftliche Entwicklung in den Herkunftsländern bleibt oft aus, und die Integration in den Arbeitsmarkt nach der Rückkehr gestaltet sich schwierig. Mehr über die Herausforderungen bei der Integration von Pflegekräften und wie noracares eine Lösung bietet, erfährst Du in unserem Artikel Pflegevermittlung:
Das Problem mit der Seriosität.
Österreichs 3-Stufen-Suchprogramm zur Anwerbung von Pflegekräften aus Asien
Österreich hat sich einiges von Deutschland abgeschaut, aber das Anwerben asiatischer Pflegekräfte bleibt auch hier umstritten. 2019 startete die Fachhochschule Krems ein Projekt zur Ausbildung von Pflegekräften in Vietnam, um den heimischen Personalmangel zu lindern.
Auch Oberösterreichs ÖVP-Landtagsabgeordneter Wolfgang Hattmannsdorfer sprach sich für das Anwerben philippinischen Pflegepersonals aus und stellte ein 3-Stufen-Suchprogramm vor, das von der EU über den restlichen europäischen Raum bis nach Asien reicht.
Doch auch hier bleiben die Herausforderungen groß:
Sprachbarrieren, der hohe bürokratische Aufwand und die langwierige Anerkennung ausländischer Abschlüsse verzögern den Prozess erheblich. Experten warnen, dass es Jahre dauern könnte, bis die ersten Pflegekräfte ihren Dienst in Österreich antreten können. In unserem Artikel Sprachbarrieren in der Pflege überwinden: Einfache Tipps und Methoden erfährst Du mehr über die Herausforderungen und Lösungsansätze.
Noras Fazit
Alleine mit dem Anwerben asiatischer Pflegekräfte lässt sich das Problem nicht lösen. Solche Maßnahmen sind bestenfalls eine Linderung der Symptome einer fehlerhaften Arbeitsmarktpolitik. Was wirklich notwendig ist, sind bessere Arbeitsbedingungen im heimischen Pflegesektor: höhere Löhne, niedrigere Lohnnebenkosten und flexiblere Arbeitszeitmodelle. Ohne solche Veränderungen wird der Bedarf an Pflegekräften aus dem Ausland nur weiter steigen.
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