Innovative Ansätze zur Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege

Das Aufgabenfeld in der Pflege hat sich in den letzten Jahren stark verändert. War es im vorigen Jahrtausend noch primär die Krankheit, mit der wir Pflegekräfte uns beschäftigt haben, so geht unser Fokus in der neuen Zeit immer mehr in Richtung Gesunderhaltung.

 

Eine Frau spricht mit einer älteren Frau

 

In der Pflege liegt unser Hauptaugenmerk generell auf der Erhöhung und Sicherstellung der Lebensqualität von Pflegebedürftigen. Mehr als alle anderen in unserer Gesellschaft bedürfen letztere der Gesundheitsförderung. Diese wiederum garantiert ein möglichst langes Leben. 

 

Ergänzend dazu verhindert die Prävention wiederum negative Einflüsse auf die Lebensqualität. Damit ist gemeint, dass wir Risikofaktoren vermeiden und darüber aufklären, und diese fernhalten – so wie Nikotin-, Drogen- und übermäßiger Alkoholkonsum. Auch die Vorsorge wie zum Beispiel die Mammographie zur frühzeitigen Erkennung von Brustkrebs oder eine Gesunden-Untersuchung fällt unter Prävention. 

 

Ein besonderes interessanter Aspekt für uns in der Pflege ist die Art der Prävention, die Folgeschäden verhindert, wie zum Beispiel die Beratung von Diabetikern, eine Diät durchzuführen. Durch diese Beratung können Folgeschäden wie Durchblutungsstörungen oder Niereninsuffizienz vermieden werden.

 

Die Basis der Gesundheitsförderung in Österreich ist die Gesundheitsreform 2005, welche ein Gesetz zur Qualität von Gesundheitsleistungen geschaffen hat . Die Grundprinzipien in diesem Gesetz sind

  • Patientenorientierung

  • Transparenz

  • Effizienz

  • Effektivität

  • Patientensicherheit


Lest dazu auch die von der Bundesregierung Österreich beschlossenen 10 Gesundheitsziele. Für uns in der Pflege von besonderer Bedeutung ist dabei der Punkt „Soziale Teilhabe und psychosoziale Gesundheit von älteren Menschen“.

NORA SAGT

Lächelnde Nora

 

Habt Ihr gewusst, dass Österreich das Geburtsland des internationalen WHO-Netzwerks Gesundheitsfördernder Krankenhäuser ist ? Ja, bereits in den späten 1980er Jahren setzte sich Österreich dafür ein, Netzwerke für Gesundheitsförderung zu entwickeln. Damit erfüllte es die Forderung der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung der WHO 1986. 

 

Alle diese Netzwerke helfen, Rahmenbedingungen für die Gesundheit zu schaffen. Die WHO prägte dazu den Spruch „make the healthy choice the easy choice“!

Sciene Fiction in der Pflege


Linz, im August 2038. Noam, 96, marschiert lässig schlendernd in den Wartesaal des Landesgesundheitshauses. Dieser hat statt Sesseln dicke Matten, auf denen man liegen kann, ein paar Turngeräte, einen Spazier-Parcours und eine Minigolfanlage. Noam holt sich einen Schläger, einen Putter, und macht sich daran, mit diesem ein hole-in-one zu schlagen, bis aus dem Lautsprecher der Aufruf ertönt: „Noam Neumann, Studio fünf, bitte !“ 

 

Zufrieden mit seinem Spielergebnis, macht sich der rüstige Noam auf zur Tür Nummer 5, in welcher sein Arzt bereits auf ihn wartet. „Na, Herr Neumann, geht´s ihnen gut?“ will er wissen. „Oh ja, bestens, habe gerade ein hole-in-one geschlagen“, grinst Noam seinen Arzt an. 

 

Der Arzt klopft ihm auf die Schulter und bittet ihn, sich zu setzen. Er macht mit ihm einige Beweglichkeits- und Muskeltests, leuchtet ihm die Augen, sieht in seinen Mund, und checkt seinen Blutdruck. 

 

Zufrieden klatscht er schließlich die Hände und lobt Noam: „Ihr Gesundheitszustand ist sehr zufriedenstellend, Herr Neumann. Volle Punktzahl. Sie bezahlen auch weiterhin das Minimum an Krankenversicherung. Machen Sie so weiter !“ Mit diesen Worten verabschiedet er den rüstigen Mann, der sich daran macht, seine Minigolfrunde fertig zu spielen, bevor er wieder in seine 1-Zimmer-Wohnung in der Anlage für betreutes Wohnen zurückkehrt.

 

Innovative Ansätze zur Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege

 

Seit den Nuller Jahren des neuen Jahrtausends gibt es neue Innovationen, die unsere Einstellung beeinflussen. Insbesondere wurde in dieser Zeit eine Neuerung vorgestellt, die für unsere Gesundheit und deren Entwicklung sehr wichtig ist.

 

Bislang war unser Denken und Handeln in Bezug auf die Gesundheit davon bestimmt, was alles NICHT stimmte. Allein das Wort „Krankenhaus“ weist darauf hin, dass wir uns auf die Krankheit fokussiert haben, und nicht auf die Gesundheit. Wir gehen ja schließlich nicht zum Arzt, wenn wir gesund sind – so wie Noam eingangs. Dabei wäre es schön, von unserem Arzt Lob zu erhalten, dass wir so gut auf uns geachtet haben, nicht wahr ? 

 

Der amerikanisch-israelische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky hat sich von dieser krankheitsorientierten Prävention abgegrenzt. Er hat erklärt, dass wir immer wieder gewissen Risiko- und Krankheitsfaktoren ausgesetzt sind, die unsere Gesundheit gefährden könnten, sowohl körperlich als auch geistig. Er ging also weg von der Frage „Was macht Menschen krank“ (= Pathogenese) hin zu der Frage: „Was hält Menschen trotz Risikofaktoren gesund?“ (= Salutogenese).

 

Die wichtigsten Ergebnisse seiner Arbeit für ein innovatives Gesundheitsverständnis sind:

 

1. Das Gefühl von Verstehbarkeit: Das bedeutet für uns, dass wir fähig sind, Informationen zu bewerten, sodass sie uns geordnet, strukturiert und schlüssig erscheinen

 

2. Das Gefühl von Handhabbarkeit: wir können Gewissheit darüber haben, dass Probleme und Herausforderungen von uns bewältigt werden können

 

3. Das Gefühl der Sinnhaftigkeit: wie sinnvoll wir das Leben betrachten, wie sehr es sich für uns lohnt, Energie in Probleme und Herausforderung zu stecken

 

Krankenschwester spricht mit älterer Frau

 

Die Sinnhaftigkeit ist für diesen Forscher der Soziologie am wichtigsten von allen drei Komponenten von einem neuen Gesundheitsverständnis. Er meint, dass ohne diese dritte Komponente auch die anderen beiden Ebenen, also Verstehbarkeit und Handhabbarkeit, eine nicht so große gesundheitsfördernde Wirkung auf uns hätten. Wenn nun eine Krise auftritt, etwa in Form einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, oder einer Verschlechterung des bisherigen Gesundheitszustandes, dann sind diese drei Gefühle bedroht.

 

Dazu bringen wir ein Beispiel:

 

„Eine Krankenschwester wird in der ambulanten Pflege mit einer Patientin konfrontiert, die nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus zunächst noch pflegebedürftig ist. Sie ist nach einer Hüftoperation gehbehindert und durch den Krankenhausaufenthalt inkontinent geworden. 

 

Das sind zwei massive Stressoren, die nicht nur ihre körperliche Autonomie, sondern auch ihr Kohärenzgefühl bedrohen. Gewohnte Bewältigungsmuster können nicht abgerufen werden, da die Verzweiflung über die momentane Hilflosigkeit zu groß ist. Die Patientin fühlt sich ausgeliefert, ist verzweifelt und kann sich nicht erklären, wie es so weit mit ihr kommen konnte.“

 

Dieses Beispiel ist ein Zitat aus der Bakkalaureatsarbeit Evelyne Pack, „Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege“, Seite 24, Medizinische Universität Graz, Gesundheits- und Pflegewissenschaft, 23.08.2010.

 

Eine Frau benutzt ein Stethoskop

 

Wie können wir die Salutogenese auf uns und unsere Pflegebedürftigen anwenden ?

 

Die zentrale Frage ist also, was uns gesund hält. Während wir beim Pflegeprozess gelernt haben, eine naturwissenschaftliche Perspektive einzunehmen, also ein Defizit, eine Erkrankung zu betrachten, arbeiten wir beim Gesundheitsprozess nach einem humanistischen Ansatz. Mit diesem betrachten wir den Menschen ganzheitlich, und versuchen damit, menschliche Erfahrungen zu verstehen. Wir nehmen dabei nicht wie beim Pflegeprozess die Rolle des Experten ein, der wir als Pfleger ja sind, sondern als Begleiter des Patienten, der in diesem Fall der Experte ist – der Experte über seinen Körper, seinen Geist und seine Seele.

Hilfreiche Fragen in der Gesundheitsförderung und Prävention

Welche Bedürfnisse hat der Pflegebedürftige ?

 

Im obigen Fallbeispiel beginnen wir bei der Verstehbarkeit. Wir vermitteln der Patientin also das Gefühl, dass wir sie verstehen. In einem Gespräch geht es einmal um die Erkrankung und die Probleme, die dadurch ausgelöst worden sind. Damit wissen wir, wo die Patientin im Augenblick steht und welche Information sie von uns braucht. Danach klären wir sie auf und beraten sie. 

 

Im vorliegenden Fall ist es wahrscheinlich, dass die Inkontinenz durch einen Dauerkatheter ausgelöst worden ist. Dadurch, dass die Patientin stark eingeschränkt worden ist in ihrer Bewegung, hat sie zusätzlich Muskeln abgebaut. Weitere Informationen zum Thema Inkontinenz erhaltet Ihr hier.

 

Danach kümmern wir uns um das Gefühl der Handhabbarkeit. Die Patientin lernt, die Krisensituation zu bewältigen. 

 

Sie soll das Gefühl bekommen, dass sie ihre Probleme lösen kann. Wir Pflegerinnen und Pfleger helfen, dieses Gefühl zu vermitteln, indem wir unser Wissen über die Situation mitteilen. In diesem Fall sind es Pflegetechniken und spezielle Übungen, die die Patientin mobilisieren und ihre Muskelkraft steigern.

 

Wenn der Patientin das Leben sinnlos erscheint, das Gefühl der Sinnhaftigkeit also schwindet, sind wir als Pflegerinnen und Pfleger besonders gefordert, aufmerksam und empathisch zu sein und sie zu motivieren, ihre lösbaren Probleme anzugehen. Dabei muss uns klar sein, dass wir viel Geduld und Zeit brauchen, um sie sanft auf den rechten Weg zu führen.

 

Eine Frau unterstützt eine ältere Frau

 

Was will der Patient erreichen ?

Wichtig ist, dass diese Ziele interessant und motivierend sind, die Umsetzung realistisch und erreichbar ist. Die Antwort auf diese Frage in Bezug auf das obige Fallbeispiel ist, die Inkontinenz zu lindern oder zu beheben.

 

Auf welchem Weg erreicht der Patient dieses Ziel ?

Damit der Patient diesen Weg auch geht, muss die Methode einfach zu verwirklichen und kostengünstig sein, zudem soll der Patient diese Methode gerne annehmen. Wir greifen das obige Beispiel auf. Eine mögliche Methode ist, mittels Beckenbodenübungen und leichten Mobilisationsübungen die Muskelkraft generell und besonders im Beckenbereich zu stärken.

 

Wann ist das Ziel erreicht ?

In diesem Fall ist klar – die Patientin soll wieder kontinent werden und mehr Muskelkraft bekommen. Sobald sie dies geschafft hat, ist das Ziel erreicht.

 

 

Frau im Rollstuhl auf Bett mit Krankenschwester

 

Welche Maßnahmen müssen gesetzt werden – und in welchem Zeitrahmen ?

Gemeinsam mit dem Patienten setzt der Pfleger, die Pflegerin fest, wie oft in der Woche geübt werden soll, welche Übungen gemacht werden sollen, damit die Muskelkraft sich erhöht, um das Ziel zu erreichen, und wie viele Wochen geübt werden soll. Dann geht es um die Umsetzung. Zu überlegen ist auch, ob wir dazu einen Experten brauchen. In diesem Fall ist das ein Physiotherapeut oder ein Trainer.

 

Woche für Woche können wir dann gemeinsam die Erfolge sehen und beurteilen und diese mit der Patientin teilen. Der Patientin geht es dadurch dann sukzessive besser und sie erlebt immer öfter das Gefühl, ihr Leben wieder selbst gut bewältigen zu können.

 

FAZIT

Gesundheitsfördernde Maßnahmen sollen schon beim gesunden Patienten ansetzen. Wir Pflegerinnen und Pfleger können unsere Arbeit immer mehr auch auf diesen ganzheitlichen Aspekt richten. Die Mehrheit der Pflegenden sieht oftmals noch den Arzt und die Ärztin als zuständig für die Gesundheitsberatung, und in zweiter Linie Diätassistentinnen und - assistenten. Erst dann kommen wir Gesundheits- und Krankenschwestern und -pfleger in das Blickfeld. 

 

Während Pflegerinnen und Pfleger, die ihre Arbeit schon jahrzehntelang ausüben, diesem Aspekt wenig Beachtung schenken, sind es die jungen Pflegekräfte, die in ihrem Pflegealltag dem Gesundheitserhalt der Patienten immer mehr Zeit widmen. Diese neue Sicht der Pflege ist ein innovativer Ansatz, der Pflegebedürftigen die Lebensqualität sichert und erhöht. Und wenn Du überlegst, ob Du lieber ein Leiden kurieren helfen willst oder einen gesunden Menschen fit halten willst – was wäre dann wohl Deine Antwort ?


Noras Vision
 

Lächelnde Nora

 

Wir haben eingangs von einem Noam aus der Zukunft gelesen, der sich offensichtlich immer gut um sich selbst gekümmert hat. Wenn die Krankenhäuser durch Gesundheitshäuser ersetzt werden, in die wir regelmäßig, um unseren Gesundheitszustand überprüfen zu lassen, marschieren und dafür dann auch noch gelobt werden - nicht nur durch Anerkennung von einem Arzt, sondern durch einen geldwerten Bonus bei der Krankenversicherung, dann sind wir wirklich angekommen in einer innovativen Gesundheitsförderung in einer Gesellschaft, in der die Alten immer gesünder sind,

 

darauf freut sich Deine

 

Nora      

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