Pflegekarenz vs. Pflegefreistellung: Unterschiede & Voraussetzungen
Die Diagnose kam unerwartet und nun? Wir zeigen Dir, welche Möglichkeiten Du hast, um Deine Angehörigen zu pflegen. Erfahre wertvolle Tipps sowie welche Finanziellen Leistungen Dir zustehen und wie Du sie beantragst.
Stell Dir vor, Deine Oma, die Dir immer so viel bedeutet hat, braucht plötzlich mehr Pflege. Du möchtest sie gerne zu Hause betreuen, aber der Alltag mit Beruf und Familie lässt das nicht oder nur viel zu selten zu. Kennst Du dieses Gefühl der Überforderung und der Sorge um einen geliebten Menschen?
Genau für solche Situationen gibt es die Pflegekarenz und die Pflegefreistellung in Österreich. Wir möchten Dir diese wichtigen Informationen leicht, verständlich und umfassend vermitteln. In diesem Artikel erfährst Du alles über die genauen Unterschiede, die Voraussetzungen für jede Leistung und den Schutz, der Dir während dieser herausfordernden Zeit zusteht.
Wenn akute Hilfe nötig ist: Dein Recht auf Pflegefreistellung
Die Pflegefreistellung (im Volksmund auch Pflegeurlaub genannt) ist die schnelle, kurzfristige Lösung für akute Notsituationen. Du kannst sie in Anspruch nehmen, auch wenn die pflegebedürftige Person noch keine Pflegestufe hat.
Ein Rechtsanspruch auf bezahlte Auszeit
Die Pflegefreistellung ist kein Urlaub, sondern ein gesetzlich verankerter Rechtsanspruch für Arbeitnehmer:innen in Österreich. Sie ist in den Bestimmungen des Urlaubsgesetzes (UrlG) geregelt und schützt Dich davor, unbezahlt freinehmen oder gar Urlaubstage opfern zu müssen, wenn ein Notfall eintritt.
Wann gilt der Anspruch? Der Anspruch auf Freistellung gilt bei akuter Erkrankung oder Verletzung eines nahen Angehörigen (z.B. Deiner leiblichen Kinder oder Deines Partners), der deshalb vorübergehend nicht in der Lage ist, seinen Alltag alleine zu bewältigen.
Dauer und Bezahlung (Wichtig)
- Volle Bezahlung: Die Freistellung ist voll bezahlt – Dein Gehalt läuft in dieser Zeit normal weiter.
- Reguläre Dauer: Sie dauert grundsätzlich eine Arbeitswoche (entspricht Deiner wöchentlichen Normalarbeitszeit) pro Arbeitsjahr.
- Erweiterung bei Kindern: Bei akuter Erkrankung eines Kindes unter 12 Jahren kann die Freistellung auf bis zu zwei Wochen ausgedehnt werden.
So nutzt Du den Anspruch richtig
- Sofortige Meldung: Du hast den Anspruch sofort, auch wenn Du erst vor kurzer Zeit bei Deinem Arbeitgeber eingestellt wurdest. Wichtig ist, dass Du Deinen Arbeitgeber unverzüglich informierst, sobald Du von der Notwendigkeit weißt.
- Keine Vereinbarung nötig: Im Gegensatz zur Pflegekarenz ist keine vorherige schriftliche Vereinbarung mit Deinem Arbeitgeber nötig, da es sich um einen Rechtsanspruch handelt.
- Langfristige Planung: Falls die akute Pflege länger nötig ist, besteht nach Ausschöpfung der Pflegefreistellung die Möglichkeit, unbezahlten Urlaub zu nehmen oder – im besten Fall – mit Deinem Arbeitgeber eine Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit zu vereinbaren.
Wichtiger Hinweis: Diese bezahlte Freistellung dient der akuten Krisenbewältigung. Informationen zur Rechtsgrundlage der Pflegefreistellung erhältst Du bei der Arbeiterkammer.
Langfristige Entlastung: Pflegekarenz und Pflegeteilzeit
Wenn die Pflege dauerhaft und intensiv wird, greifen Pflegekarenz und Pflegeteilzeit als Instrumente zur Entlastung. Sie bieten Dir die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum aus dem Beruf auszusteigen oder Deine Stunden zu reduzieren, ohne Deine Anstellung zu gefährden.
Voraussetzungen und Dauer: Die Pflegestufe als Schwelle
Die Pflegekarenz kann man beantragen, um einen nahen Angehörigen zu betreuen. Die rechtliche Schwelle liegt bei mindestens Pflegestufe 3 und der Voraussetzung, dass es keine andere betreuende Person gibt, die die Pflege übernehmen kann
- Dauer: Die Freistellung ist für maximal drei Monate pro pflegebedürftiger Person vorgesehen. Wichtig: Die Dauer kann zwischen Dir und Deinem Arbeitgeber schriftlich vereinbart und auch aufgeteilt werden.
- Beschäftigungsdauer: Du musst seit mindestens drei Monaten durchgehend bei Deinem Arbeitgeber beschäftigt gewesen sein, um die Möglichkeit der Pflegekarenz in Anspruch nehmen zu können.
- Ausnahmen: Ist die zu pflegende Person minderjährig oder an Demenz erkrankt, wird die Schwelle gesenkt: Du kannst die Leistung schon ab Pflegestufe 1 in Anspruch nehmen.
Der finanzielle Ausgleich: Pflegekarenzgeld
Während die Pflegekarenz selbst eine unbezahlte Auszeit von Deiner Arbeit ist, erhältst Du einen staatlichen Zuschuss, das Pflegekarenzgeld. Dies verhindert, dass Du in dieser intensiven Zeit ohne jegliches Einkommen dastehst.
- Höhe: Das Pflegekarenzgeld entspricht der Höhe Deines Anspruchs auf Arbeitslosengeld, meist etwa 55 Prozent Deines Nettoeinkommens. Es ist als finanzielle Unterstützung und Ersatzleistung gedacht, nicht als volles Gehalt.
- Kündigungsschutz: Das wichtigste an der Pflegekarenz ist der Kündigungsschutz, der während der gesamten vereinbarten Zeit und vier Wochen darüber hinaus gilt.
- Antrag: Den Antrag auf Pflegekarenzgeld stellst Du direkt beim Sozialministeriumservice, das die Auszahlung vornimmt und die Voraussetzungen prüft.
Pflegeteilzeit als flexible Alternative
Wenn die Pflege zwar intensiv ist, Du aber nicht vollständig auf Deinen Beruf verzichten möchtest, ist die Pflegeteilzeit die beste Option. Du reduzierst Deine Arbeitszeit, erhältst Dein Gehalt anteilig für die geleisteten Stunden und zusätzlich anteilig das Pflegekarenzgeld. Dies ermöglicht eine flexible Lösung, die Deinen Karriereweg nicht komplett unterbricht, aber Dir dennoch genügend Zeit für Deine Angehörigen gibt.
Übersicht & Antragstellung: Der klare Weg
Um Dir die Entscheidung zu erleichtern, haben wir die beiden Modelle sowie den Ablauf der Antragstellung zusammengefasst:
Unterschied Pflegefreistellung vs. Pflegekarenz
Antrag – Schritt-für-Schritt Übersicht
Der rechtliche Schutz: Kündigung & Sicherheit
Kündigungsschutz: Deine Rechte und die Klagefrist
Während Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit besteht besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz. Dieser Schutz beginnt mit der schriftlichen Vereinbarung mit Deinem Arbeitgeber und dauert bis vier Wochen nach Ende der Karenz. Er soll verhindern, dass Du Deinen Job verlierst, nur weil Du Verantwortung für Deine Familie übernimmst.
Sollte Dein Arbeitgeber Dir dennoch die Kündigung aussprechen, ist diese in der Regel rechtswidrig. Du solltest Dich dagegen wehren und binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einreichen. Diese Frist ist sehr kurz – deshalb ist sofortiges Handeln wichtig. Auf der sicheren Seite bist Du, wenn Du die Arbeiterkammer kontaktierst.
Marias Erfahrung: Die Gewissheit, die Zeit schenkt
Marias Erfahrung: Maria, eine unserer Kundinnen, stand genau vor dieser emotionalen und finanziellen Zerreißprobe: "Als mein Vater erkrankte, war ich zunächst ratlos. Ich wusste nicht, wie ich meinen Job und die Pflege vereinbaren sollte."
Dank der Pflegekarenz wusste Maria: Ihr Arbeitsplatz war sicher. Diese Gewissheit erlaubte es ihr, ihren Fokus komplett auf ihren Vater zu legen. Sie konnte sich ganz um ihn kümmern und ihm in seiner letzten Zeit beistehen.
Ihre Geschichte zeigt: Die rechtliche Absicherung der Pflegekarenz gibt Dir nicht nur das Recht auf freie Zeit, sondern vor allem die emotionale Sicherheit, die Du brauchst, um die Pflege als menschliche Bereicherung und nicht als existenzielle Bedrohung zu erleben. Diese Zeit war zwar anstrengend, aber auch sehr wertvoll – denn sie konnte sich von der Rolle der gestressten Arbeitnehmerin lösen und einfach nur Tochter sein.
Eine Situation, in der man Pflegefreistellung oder Pflegekarenz benötigt, kommt oft sehr unvorhergesehen. Doch Du hast die rechtlichen Werkzeuge, um schnell zu handeln und Deine Liebsten zu unterstützen.
Du hast gesehen: Die Pflegefreistellung bietet Dir eine schnelle, voll bezahlte Auszeit für akute Krisen. Die Pflegekarenz hingegen sichert Dir den Arbeitsplatz und bietet mit dem Pflegekarenzgeld finanziellen Ausgleich für die längere, intensive Betreuung. Marias Geschichte zeigt, dass diese Gewissheit, den Job nicht zu verlieren, das größte Geschenk ist, um sich in dieser emotionalen Zeit voll auf die Familie konzentrieren zu können.
Damit Du Dich möglichst schnell um die pflegebedürftige Person kümmern kannst, hast Du die Möglichkeit, gleich bei Deinem Arbeitgeber um die Freistellung anzusuchen und mit ihm eine Vereinbarung der Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit zu treffen. Während Deiner Pflegetätigkeit bekommst Du staatliche Zuschüsse, die es Dir ermöglichen, trotz eingeschränkter Arbeit finanziell stabil zu bleiben.
Benötigst Du Hilfe bei der Pflege Deiner Lieben? Finde bei noracares die Unterstützung, die zu den Bedürfnissen der zu pflegenden Person passt!
- Pflegefreistellung: Der gesetzliche Anspruch auf kurzfristige, bezahlte Freistellung von der Arbeit (Pflegeurlaub) bei akuter Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen.
- Pflegekarenz: Eine längerfristige Freistellung von der Arbeit (bis zu 3 Monate), die mit dem Arbeitgeber vereinbart werden muss und Kündigungsschutz bietet.
- Pflegekarenzgeld: Die staatliche finanzielle Leistung, die Du während der Pflegekarenz erhältst (ca. 55 % des Nettoeinkommens).
- Pflegeteilzeit: Eine Reduzierung der Arbeitszeit zur Pflege von Angehörigen, die anstelle der vollen Pflegekarenz vereinbart werden kann.
- Hausbetreuungsgesetz: Das Gesetz, das die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für 24-Stunden-Betreuungskräfte in Österreich regelt.
- Pflegestufe: Die Kategorisierung des Pflegebedarfs in Österreich, die die Höhe des Pflegegeldes und die Anspruchsvoraussetzungen für Förderungen bestimmt.
- Arbeiterkammer (AK): Die Interessenvertretung der Arbeitnehmer:innen in Österreich, die Dich bei Klagefristen (z.B. bei unrechtmäßiger Kündigung) unterstützt und berät.
- Sozialministeriumservice: Die staatliche Stelle in Österreich, die für die Abwicklung und Auszahlung des Pflegekarenzgeldes zuständig ist.