Gefahr von Mangelernährung in Pflegeheimen

Alarmstufe Rot! Erfahre mehr über die Gefahr von Mangelernährung in Pflegeheimen. Lerne die Symptome kennen und erhalte praktische Tipps, wie Du sie erkennen und die Ernährung Deiner Liebsten verbessern kannst. So förderst Du die Eigenständigkeit und das Wohlbefinden.

Mangelernährung in Pflegeheimen ist kein Randthema, sondern eine stille, aber gefährliche Krise. In Österreich und Deutschland sind laut nutritionDay und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bis zu 30 % der Pflegeheimbewohner mangelernährt – und oft bleibt es viel zu lange unbemerkt. Angehörige sehen ihre Liebsten zunehmend geschwächt, verlieren an Gewicht oder zeigen plötzlich Desinteresse am Essen.

Doch was genau ist Mangelernährung, wie erkennt man sie rechtzeitig, wer ist verantwortlich – und was kann man konkret tun, um Menschen im Pflegeheim besser zu schützen?

In diesem Artikel erfährst Du alles, was Du als Angehörige:r wissen musst: von den erkennbaren Warnzeichen über die wissenschaftlich gesicherten Ursachen und Folgen und rechtlichen Hintergründe bis hin zu konkreten Maßnahmen, die Du ergreifen kannst. Zusätzlich erhältst Du eine kostenlose Checkliste zur Erkennung von Mangelernährung.

Was ist Mangelernährung im Pflegeheim?

Überraschtes ältere Frau mit rotem Lippenstift sitzt vor einer Vielzahl von ungesundem Fast Food und Süßigkeiten, zeigt Unglauben und Verwunderung.

Essen ist Lust. Im Alter verliert man diese Lust – und Tausende von Senioren sterben jährlich an den Folgen von Unterernährung. Dieser Fakt steht im Widerspruch zu der Volkskrankheit Übergewicht. Essen und Trinken behalten ein Leben lang großen Einfluss auf das Wohlbefinden. Wie wir uns in jungen Jahren ernähren, beeinflusst, wie wir altern. Wie wir uns im Alter ernähren, trägt dazu bei, den Jahren mehr Lebensqualität zu verleihen. Während wir bis in die Fünfziger Jahre unseres Lebens großteils der Gefahr ausgesetzt sind, zu viel zu essen und an Übergewicht zu leiden, steigt die Gefahr ab den späten Sechzigern, zu wenig und vor allem zu wenig Nahrhaftes zu essen – und dies birgt neue Gefahren mit sich.

Diese Phänomene werden als Malnutrition bezeichnet. Unter Malnutrition verstehen wir Nährstoffmangel, Unterernährung und Überernährung. Im Pflegeheim ist vor allem die Unterernährung ein großes Problem. Fatal ist, dass auch die modernsten Mittel der Medizin unterernährten Senioren nicht mehr helfen können, wenn sie einmal zu viel abgenommen haben. Deswegen beleuchten wir von noracares dieses wichtige Thema für pflegebedürftige Menschen genauer, um rechtzeitig einer Mangelernährung vorzubeugen und so Deinen Liebsten ihre Lebensqualität zu erhalten.

Warum ist das Risiko einer Mangelernährung so hoch?

Im Alter verändert sich der Körper auf vielfache Weise. Die Körperzusammensetzung verändert sich, wobei der Wasseranteil und die Muskelmasse abnehmen und der Fettanteil zunimmt. Die Zungen- und Kaumuskulatur verliert im Alter an Kraft, was das Sprechen, Schlucken und Kauen erschwert [Quelle: Qualitätsstandard Ernährung, BMSGPK, 2022].

Des Weiteren erreichen ältere Menschen schneller ein Sättigungsgefühl, das gilt sowohl für Essen als auch für das Trinken. Der Darm arbeitet nicht mehr so schnell, daher verbleibt der Speisebrei auch länger im Magen. Medikamente werden ebenfalls langsam verstoffwechselt. All diese körperlichen Veränderungen bereiten den Nährboden für die Malnutrition.

Woran erkennt man Mangelernährung?

Glücklicher älterer Mann hält eine Schüssel mit frischem Obstsalat, symbolisiert gesunde Ernährung und Zufriedenheit im Alter.

Mangelernährung in Pflegeheimen bleibt leider häufig unbemerkt. In deutschen Pflegeheimen sind bis zu 25 % der Bewohner mangelernährt [Quelle: DGE, Pressemitteilung vom 24.10.2019]. Laut nutritionDay zeigen bis zu 37 % der Heimbewohner ein Risiko für Mangelernährung oder sind bereits betroffen [Quelle: nutritionDay Austria, 2022 Bericht].

Ein unbeabsichtigter Gewichtsverlust von mehr als 5 % in drei Monaten ist ein wichtiger Warnhinweis auf Mangelernährung [Quelle: Leitfaden Mangelernährung, ARTISET Bildung, 2017].

 

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Noras Tipp: Dokumentiere Veränderungen und sprich darüber!

 

Hier sind die wichtigsten Warnzeichen, auf die Du als Angehörige:r achten solltest:

Typische Symptome von Mangelernährung

Symptom Beschreibung
Ungewollter Gewichtsverlust Mehr als 5 % in 3 Monaten oder 10 % in 6 Monaten ist ein Alarmzeichen.
Appetitlosigkeit Geringe Nahrungsaufnahme über mehrere Tage oder Wochen.
Muskelschwäche Reduzierte Mobilität, erhöhte Sturzgefahr.
Müdigkeit und Antriebslosigkeit Kann auf Energiemangel und Nährstoffdefizite hinweisen.
Wundheilungsstörungen Anhaltende oder langsam heilende Druckstellen oder Wunden.
Häufige Infekte Geschwächtes Immunsystem durch Nährstoffmangel.

 

Was sind die häufigsten Ursachen?

Das Problem der Mangelernährung ist komplex. Ein großer Teil der mangelernährten Bewohner:innen eines Pflegeheimes leidet vermutlich an mehr als einer Krankheit, das bedeutet, sie sind multimorbide.

Hier sind die häufigsten Ursachen, die zu Mangelernährung im Alter führen können:

 

Ursachen von Mangelernährung

Ursache Beispiel / Folge
Kau- und Schluckstörungen (Dysphagie) Nahrungsvermeidung aus Angst oder Schmerz beim Essen.
Kognitive Einschränkungen (Demenz) Essen wird vergessen oder abgelehnt, unzureichende Nahrungsaufnahme.
Psychische Faktoren Depression, soziale Isolation und Einsamkeit.
Medikamente Appetitreduzierung oder Übelkeit durch Nebenwirkungen.
Qualität und Angebot des Essens Einseitige oder unappetitliche Kost, fehlende Auswahl, ethnische Kost.
Mangelnde Betreuung Fehlende Begleitung beim Essen, Zeitdruck im Pflegealltag.
Schlechter Zahnstatus Schmerzen oder Schwierigkeiten beim Kauen.

 

Welche Folgen hat unbehandelte Mangelernährung?

Unbehandelte Mangelernährung ist mit einer erhöhten Sterblichkeit, längeren Krankenhausaufenthalten und einer höheren Komplikationsrate verbunden [Quelle: Schönherr et al., Studie in Thieme Connect, 2014]. Für Deine Liebsten kann dies schwerwiegende Folgen haben:

 

Folgen von Mangelernährung

Folge Auswirkung auf die Pflegebedürftigen
Sarkopenie (Muskelabbau) Erhöhtes Sturzrisiko, Immobilität und ein Verlust der Selbstständigkeit.
Infektanfälligkeit Das Immunsystem wird geschwächt, was zu häufigen Infekten führt.
Verzögerte Wundheilung Erhöhtes Risiko für Dekubitus (Druckgeschwüre) und andere Wundheilungsstörungen.
Kognitive Verschlechterung Verwirrtheit, Konzentrationsprobleme, Delirrisiko steigt.

 

Wer ist verantwortlich für die Ernährung im Heim?

Die Verantwortung liegt rechtlich beim Heimträger. Dieser muss laut österreichischem Qualitätsstandard und deutschem Bundespflegegesetz für eine ausgewogene, bedarfsgerechte Ernährung sorgen. „Die Einrichtung ist verpflichtet, den Bewohner:innen eine altersgerechte, ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung sicherzustellen.“ [Quelle: Qualitätsstandard Ernährung in Pflegeeinrichtungen, BMSGPK, 2022].

Hier eine Übersicht der Verantwortlichkeiten:

Verantwortlichkeiten bei der Ernährungssicherung

Verantwortlich Pflichten gemäß Qualitätsstandard
Heimleitung Sicherstellung eines Ernährungskonzepts und Mitarbeiterschulung.
Pflegefachkräfte Durchführung von Screenings, Essensprotokollierung, Meldung an den Arzt.
Küche & Hauswirtschaft Bedarfsgerechte Zubereitung & Präsentation der Speisen, Sonderkost.
Angehörige (indirekt) Beobachten, Rückmeldung geben, Nachfragen und den Prozess unterstützen.

 

Wie wird Mangelernährung erfasst?

Älterer Mann mit grauem Bart sitzt allein an einem Tisch und isst eine Schüssel Suppe, zeigt Einsamkeit und Nachdenklichkeit.

Um einer Mangelernährung vorzubeugen, ist es essentiell, den Ernährungszustand regelmäßig zu erfassen. Dafür gibt es eine Vielzahl an Erfassungsprozessen.

Drei aus der Praxis in den Pflegeheimen sind:

  • Mini Nutritional Assessment (MNA): Dieses Instrument erfasst Gewicht, Größe, Gewichtsverlust, Nahrungsaufnahme, Flüssigkeitszufuhr, Mobilität und die subjektive Einschätzung des Gesundheitszustandes. Es ist vor allem für ältere Menschen geeignet und kann Risikopatient:innen identifizieren.
  • Mini Nutritional Assessment – Short Form (MNA-SF): Diese Methode ist mit nur sechs Fragen in wenigen Minuten durchführbar und kann schnell auf ein Mangelernährungsrisiko hinweisen.
  • Subjective Global Assessment (SGA): Hier wird der Ernährungszustand anhand von Gewichtsverlust, verminderter Nahrungszufuhr, Fett- und Muskelabbau sowie klinischer Anzeichen beurteilt.

Schulungsbedarf besteht bei bestimmten Erhebungsinstrumenten, aber die regelmäßige Erfassung von Gewicht und anderen Körperreferenzwerten ist im Pflegealltag praktikabel. Laut der Studie von Silvia Schönherr an der Medizinischen Universität Graz waren 15,8 % der Bewohner:innen von Pflegeheimen in Österreich unterernährt. Sie empfiehlt eine routinemäßige Erfassung des Ernährungszustandes in allen Einrichtungen.

 

Was kann man konkret tun? Maßnahmen für Angehörige & Heime

Lächelnder älterer Mann in festlicher Kleidung serviert ein Stück Weihnachtstorte, verbreitet Freude und festliche Stimmung.

Wie eingangs bereits erwähnt, kann Hilfe für einen deutlich unterernährten Pflegefall bereits zu spät kommen. Vorbeugen ist daher unerlässlich. Die moderne Ernährungsmedizin bietet viele Lösungen, um aus diesem Teufelskreis auszubrechen.

Laut dem 14. Ernährungsbericht der DGE waren Ernährungsteams in nur 45 % der Pflegeheime vorhanden, obwohl sie eine zentrale Rolle bei Prävention und Therapie übernehmen könnten [Quelle: dge.de – Ernährungsbericht]. Doch es gibt viele Maßnahmen, die Du als Angehörige:r in Zusammenarbeit mit dem Pflegepersonal einleiten kannst:

  • Regelmäßige Gewichtskontrolle (1x pro Woche)
  • Flüssigkeitsprotokoll führen
  • Essensbegleitung & -motivation
  • Diätologische Beratung einholen: In 44 % der Fälle werden laut der Studie von Schönherr Diätassistent:innen zu Rate gezogen. Alleine in Österreich gibt es über 980 Ärzt:innen, die ein Diplom in Ernährungsmedizin vorweisen können.
  • Energiereiche Zwischenmahlzeiten und Kraftnahrung (mit Proteinen und Energie angereicherte Nahrung)
  • Orale Nahrungsergänzungsmittel oder Trinklösungen
  • Enterale Ernährung (Sondennahrung) bei Bedarf und unter medizinischer Kontrolle
  • Individuell angepasste Kost: Sprecht mit der Küche über Vorlieben und eventuelle Sonderkost (z.B. ethnische Kost bei kultureller Vielfalt).

 

Grafik von Krankenschwester Nora mit einem Stethoskop um den Hals und dem Text 'Noras Fazit' auf einem grünen Banner. Abschlussbemerkung oder Zusammenfassung im Gesundheitsbereich.

Mangelernährung in Pflegeheimen ist kein Randthema, sondern eine stille Krise, die Gesundheit, Lebensqualität und Menschenwürde betrifft. Sie ist häufig schwer zu erkennen, aber vermeidbar, wenn wir wissen, worauf zu achten ist – und bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Ob Du Angehörige:r eines Heimbewohners bist, selbst in der Pflege arbeitest oder eine Einrichtung führst – Du bist nicht allein. Jeder Hinweis zählt. Frühzeitiges Erkennen und Handeln können entscheidend sein.

noracares steht Dir zur Seite.

  • Hole Dir eine unverbindliche Beratung zu Maßnahmen, die wirklich helfen.
  • Bleibe informiert – für mehr Würde, Sicherheit und Qualität in der Pflege.

Denn gute Ernährung ist kein Luxus – sie ist ein Grundrecht.

 

Ein türkisfarbener Banner mit weißem Text, der 'Noras Häufig gestellte Fragen' lautet. Auf der rechten Seite befindet sich eine illustrierte Avatarfigur einer Krankenschwester mit blonden Haaren, die eine türkise Krankenschwester-Mütze mit einem weißen Kreuz, einen weißen Kragen und ein Stethoskop um den Hals trägt
Mangelernährung zeigt sich im Pflegeheim häufig durch ungewollten Gewichtsverlust, Muskelschwäche, Appetitlosigkeit und verändertes Essverhalten. Auch trockene Haut, Müdigkeit, Wundheilungsstörungen und wiederkehrende Infekte können Warnzeichen sein.
Die Hauptursachen sind Kau- und Schluckstörungen (Dysphagie), Appetitlosigkeit durch Medikamente, Demenz, Depression, soziale Isolation sowie unzureichende Betreuung oder eine unpassende Kost.
Mangelernährung kann bei älteren Menschen zu erhöhter Sturzgefahr, schlechterer Wundheilung, Infektanfälligkeit, Verlust von Muskelmasse (Sarkopenie) und insgesamt zu einem schnelleren funktionellen Abbau führen. Auch die Mortalität steigt nachweislich an.
Zur Vorbeugung gehören regelmäßige Screenings, eine an den Bedarf angepasste Kost, Essensbegleitung, Flüssigkeitsmanagement und der Einsatz von Ernährungsteams. Du als Angehörige:r kannst durch aufmerksame Beobachtung und Rückmeldung aktiv unterstützen.
Die Verantwortung liegt rechtlich beim Heimträger. Dieser muss laut Qualitätsstandard für eine ausgewogene, bedarfsgerechte Ernährung sorgen. Die Durchführung erfolgt durch das Pflegepersonal in Zusammenarbeit mit Küche, Hausarzt und ggf. Diätolog:innen.
Wenn Du Mangelernährung vermutest, sprich sofort mit dem Pflegepersonal oder der Heimleitung. Dokumentiere Veränderungen (z.B. Gewichtsverlust, Essensverhalten) und fordere ein Screening oder ärztliche Abklärung. Als Angehörige:r hast Du das Recht auf Information und kannst eine bessere Versorgung einfordern.

 

Grafisches Logo von Noras Wissenschatz, einer Sammlung von Informationen für Pflegekräfte. Ideal zur Darstellung von Pflegewissen und Ratschlägen.
  • BMI (Body-Mass-Index): Ein Messwert, der das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße angibt. Ein BMI unter 20 bei älteren Menschen kann ein Anzeichen für Unterernährung sein.
  • Dekubitus: Ein Druckgeschwür, das durch langanhaltenden Druck auf die Haut entsteht und bei mangelernährten oder bettlägerigen Personen ein erhöhtes Risiko darstellt.
  • Dysphagie: Fachbegriff für Schluckstörungen, die das Essen und Trinken erschweren und eine häufige Ursache für Mangelernährung im Alter sind.
  • Enterale Ernährung: Eine Form der künstlichen Ernährung, bei der flüssige Nahrung direkt in den Magen oder Darm (z.B. über eine Sonde) verabreicht wird.
  • Kachexie: Eine krankhafte Abmagerung des Körpers, die mit einem starken Verlust von Fett- und Muskelmasse einhergeht.
  • Malnutrition: Der medizinische Fachbegriff für Mangelernährung, der eine Unterversorgung mit Energie und/oder Nährstoffen beschreibt.
  • MNA (Mini Nutritional Assessment): Ein gängiges und validiertes Screening-Instrument, um den Ernährungszustand bei älteren Menschen schnell zu erfassen und ein Mangelernährungsrisiko zu identifizieren.
  • Mortalität: Ein Begriff aus der Medizin und Statistik, der die Sterblichkeit oder die Anzahl der Todesfälle in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe beschreibt.
  • Morbidität: Ein Begriff, der die Häufigkeit einer Krankheit oder das Vorhandensein von Krankheiten in einer Bevölkerungsgruppe angibt.
  • nutritionDay: Ein internationales Projekt, das jährlich an einem Stichtag den Ernährungszustand von Patient:innen und Bewohner:innen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen erfasst, um das Bewusstsein für Mangelernährung zu erhöhen.
  • Sarkopenie: Der altersbedingte, fortschreitende Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft, der die Mobilität und Lebensqualität beeinträchtigen kann.
  • SGA (Subjective Global Assessment): Ein klinisches Beurteilungsinstrument, um den Ernährungszustand von Patient:innen anhand von Anamnese und körperlicher Untersuchung einzuschätzen.
  • Screening-Instrument: Ein standardisiertes Verfahren oder ein Fragebogen, um Risikopatient:innen für ein bestimmtes Problem (hier: Mangelernährung) schnell und einfach zu identifizieren.