Pflegetheorie vs. Pflegepraxis – Wie sieht es wirklich aus?
In Deiner Pflegeausbildung tauchst Du tief ein in die Welt der Pflegetheorie. Du lernst evidenzbasierte Standards, wissenschaftlich fundierte Handlungsabläufe und die idealen Voraussetzungen für eine optimale Versorgung. Jedes Detail, jede Prozedur wird Dir präzise vermittelt, um die bestmögliche Patientensicherheit und Effizienz zu gewährleisten. Es ist eine Zeit des Aufbaus von Fachwissen und dem Verständnis für die komplexen Zusammenhänge des menschlichen Körpers und der Psyche.
Doch wie sieht der Pflegealltag wirklich aus, wenn die Lehrbücher geschlossen und die Übungspuppen beiseitegelegt sind? Pflegetheorie und Pflegepraxis – zwei Begriffe, die sich im turbulenten Berufsleben oft wie Gegensätze anfühlen. Während die Theorie im geschützten Raum des Klassenzimmers oder Hörsaals gelehrt wird, findet die Praxis direkt am Menschen statt: mit all ihren unvorhersehbaren Herausforderungen, komplexen Emotionen, blitzschnellen Entscheidungen und oft begrenzten Ressourcen. Hier drängt die Zeit, und jede Situation ist einzigartig, fernab standardisierter Modelle.
Kann man all das, was man gelernt hat, eins zu eins so umsetzen, wie es die Lehrpläne vorschreiben? Oder unterscheiden sich die Pflegetheorie und die Pflegepraxis maßgeblich, sodass eine wahre Kluft entsteht, die im Berufsalltag erst überwunden werden muss? In diesem Artikel möchten wir Dir einen ganz persönlichen Einblick in genau diese Dynamik geben. Wir beleuchten die faszinierende, manchmal auch frustrierende Schnittstelle zwischen dem Gelernten und der Realität des Pflegeberufs und zeigen Dir, wie Theorie und Praxis trotz aller Unterschiede untrennbar zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen.
Pflegetheorie und Pflegepraxis – Unterschiede, Anwendung & Beispiele
Ich befinde mich zurzeit im letzten Studienjahr zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin. Meine Ausbildung ist geprägt von theoretischen Lehrveranstaltungen, informativen Vorlesungen zu diversen Krankheitsbildern und dem regelmäßigen Auseinandersetzen mit wissenschaftlichen Studien. Außerdem ist dieses Studium stark verknüpft mit praktischen Übungen und Praktika in allen Bereichen der Pflege. Da ich mich genau an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis befinde, will ich Dich darüber aufklären, wie weit Theorie und Praxis auseinandergehen, beziehungsweise welche Fertigkeiten Du wirklich vom theoretischen Unterricht übernehmen kannst.
Was ist eine Pflegetheorie?
Eine Pflegetheorie ist ein wissenschaftlich entwickeltes Konzept, das pflegerisches Handeln erklärt, strukturiert und begründet. Sie dient Pflegekräften als Leitlinie, um Entscheidungen zu treffen und Handlungen nachvollziehbar zu gestalten. Wie das DocCheck Flexikon es formuliert: „Eine Pflegetheorie ist eine systematische und umfassende Darstellung von Konzepten, Prinzipien und Annahmen, die die Grundlage für die professionelle Pflege bilden.“ (Quelle: DocCheck Flexikon. Pflegetheorie).
Ein Beispiel hierfür ist Orem’s Selbstpflegedefizit-Theorie, die aufzeigt, wann Patient:innen Unterstützung brauchen und wie man gezielt helfen kann.
Was bedeutet Pflegepraxis?
Pflegepraxis bezeichnet die tatsächliche Durchführung pflegerischer Aufgaben im Alltag – vom Verbandswechsel über Medikamentengabe bis zur Kommunikation mit Angehörigen. Sie ist geprägt von Zeitdruck, individuellen Situationen, unvorhersehbaren Ereignissen und Erfahrungswerten. Hier zeigt sich, wie das theoretische Wissen unter realen Bedingungen angewendet und angepasst wird.
Theorie vs. Praxis – Wo liegen die Unterschiede?
Was glaubst Du? Unterscheiden sich Pflegetheorie und -praxis wirklich so wesentlich, oder sind sie sich doch sehr ähnlich? Diese Frage beschäftigt nicht nur Studierende, sondern auch erfahrene Pflegefachkräfte tagtäglich. Die Antwort ist vielschichtig: Während die Kernprinzipien oft gleich bleiben, können die tatsächliche Durchführung und die Rahmenbedingungen im Pflegealltag stark abweichen von dem, was im Lehrbuch steht. Diese Diskrepanz entsteht durch eine Vielzahl von Faktoren, die die Praxis formen und von der reinen Lehre trennen können. Im Grunde genommen kommt es auf die konkrete Tätigkeit an, doch die Art und Weise der Durchführung wird maßgeblich durch die Realität des Pflegealltags beeinflusst.
Das Ziel der Pflege:
In der Pflegetheorie liegt der Fokus auf der wissenschaftlichen Fundierung. Hier werden ethische Prinzipien, ideale Abläufe und höchste Qualitätsstandards formuliert, um eine optimale und ganzheitliche Versorgung zu gewährleisten. Die Pflegepraxis hingegen konzentriert sich auf die direkte und unmittelbare Patientenversorgung unter den realen Bedingungen des Pflegealltags. Hier stehen die individuellen Bedürfnisse des Patienten, die Menschlichkeit und die Notwendigkeit schneller, oft pragmatischer Lösungen im Vordergrund, die nicht immer den idealen theoretischen Rahmenbedingungen entsprechen können.
Die Vorgehensweise:
Die Theorie vermittelt Dir standardisierte und evidenzbasierte Vorgehensweisen. Diese wurden durch wissenschaftliche Studien geprüft und sind darauf ausgelegt, maximale Sicherheit, Effizienz und Reproduzierbarkeit zu gewährleisten. In der Praxis hingegen ist oft eine hohe Flexibilität gefragt. Pflegekräfte müssen sich ständig an unvorhergesehene Situationen, individuelle Patientenreaktionen und wechselnde Rahmenbedingungen anpassen. Das konkrete Handeln erfordert hier oft schnelle, situationsabhängige Entscheidungen, die von der reinen Lehre abweichen können, ohne die Qualität der Versorgung zu gefährden.
Beispiele und Anwendungsbereiche:
Die Pflegetheorie arbeitet oft mit umfassenden Modellen wie denen von Orem, Krohwinkel oder Peplau, die als konzeptionelle Rahmenwerke für die ganzheitliche Pflegeplanung dienen. Sie bieten abstrakte Prinzipien, um Pflegeprozesse zu verstehen und zu gestalten. Die Pflegepraxis befasst sich hingegen mit den konkreten, oft wiederkehrenden Tätigkeiten des Alltags: das Legen von Infusionen, die Blutabnahme, der Verbandswechsel oder die Medikamentengabe. Hier zählen Effizienz, Routine und oft auch die individuelle Handhabung, um die Aufgaben unter Zeitdruck zu bewältigen.
Einflussfaktoren auf die Durchführung:
Die Pflegetheorie wird maßgeblich von der Pflegeforschung, wissenschaftlichen Studien und der Entwicklung neuer Modelle geformt. Sie sucht nach dem optimalen und begründeten Weg. Die Pflegepraxis wird hingegen von einer Vielzahl realer Faktoren beeinflusst. Dazu gehören der allgegenwärtige Zeitdruck, der Mangel an Personal und Ressourcen, die Dynamik des Pflegeteams und sogar die persönlichen Gewohnheiten oder Lernweisen der einzelnen Pflegekräfte. Diese Faktoren können dazu führen, dass theoretisch ideale Abläufe im Alltag modifiziert werden, um die Versorgung unter den gegebenen Umständen bestmöglich zu gewährleisten.
Wichtige Pflegetheorien im Überblick
Pflegetheorien bieten einen strukturierten Rahmen für pflegerisches Handeln und fördern die klinische Entscheidungsfindung. „Pflegetheorien strukturieren nicht nur Pflegehandlungen, sondern dienen als Orientierung für Pflegekräfte im Alltag – unabhängig vom individuellen Fall.“ (Quelle: Sanubi. Pflegetheorien & Pflegemodelle – Definition und Erklärung). Theorien wie die von Orem oder Henderson ermöglichen Pflegekräften, individuelle Pflegebedürfnisse besser zu erfassen und gezielte Maßnahmen einzuleiten (Quelle: GRIN Verlag. Wie wichtig sind Pflegetheorien für die Pflegepraxis wirklich?).
Hier sind einige der wichtigsten Pflegetheorien, die Dir in der Ausbildung begegnen werden:
- Dorothea Orem: Selbstpflege-Defizit-Theorie – Wann braucht ein Mensch Unterstützung und wie kann er zur Selbstpflege motiviert werden?
- Monika Krohwinkel: ABEDLs (Aktivitäten, Beziehungen und existenzielle Erfahrungen des Lebens) – Ein ganzheitlicher Ansatz, der Pflege entlang von Lebensaktivitäten strukturiert.
- Hildegard Peplau: Interaktionstheorie – Fokus auf die therapeutische Beziehung zwischen Pflegekraft und Patient:in als Pflegeprozess.
- Virginia Henderson: Theorie der Grundbedürfnisse – Beschreibt 14 grundlegende Bedürfnisse, deren Erfüllung zur Förderung der Selbstständigkeit und Gesundheit beiträgt.
- Madeleine Leininger: Transkulturelle Pflege – Betont die Bedeutung des Verständnisses kultureller Hintergründe für eine kultursensible Pflege.
Praxisbeispiele: So sieht Pflege wirklich aus
In meiner Pflegeausbildung gibt es den praktischen Unterricht, in dem alle pflegerischen Tätigkeiten gelehrt werden. Hier werden sogenannte „Handlung-Check-Listen“ verwendet, die evidenzbasiert sind und Schritt für Schritt den Ablauf einer Tätigkeit beschreiben. An Übungspuppen oder an Mitstudent:innen wird fleißig geübt, sodass die praktischen Fertigkeiten im Pflegepraktikum sitzen. Doch ist es in der Pflegepraxis wirklich so, wie man es gelernt hat?
Ich habe in meiner Pflegeausbildung oft erlebt, wie unterschiedlich Theorie und Praxis aussehen. Hier ein paar persönliche Einblicke:
Blasenverweilkatheter legen: Die individuelle Note
Nimm zum Beispiel das Legen eines Blasenverweilkatheters. Hierfür benötigst Du unter anderem ein Katheterset, das sterile Tupfer und zwei sterile Pinzetten beinhaltet, sowie sterile Handschuhe. Ein Teil der diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegekräfte reinigt mit der ersten Pinzette und den sterilen Tupfern die Geschlechtsorgane und führt anschließend den Katheter steril mit der zweiten vorhandenen Pinzette ein. Der andere Teil der Pflegekräfte verwendet die erste Pinzette zum Reinigen, führt den Katheter allerdings dann mit der Hand ein, da man ja sowieso sterile Handschuhe anhast. Bei dieser Tätigkeit ist der Ablauf also gleich, Du führst sie aber so durch, wie es für Dich am einfachsten und am liebsten ist.
Infusionen spiegeln: Der Zeitdruck im Alltag
Wieso unterscheiden sich Theorie und Praxis eigentlich? Oft werden die Pflegehandlungen, bedingt durch Zeitstress, anders ausgeführt, als man in der Ausbildung vermittelt bekommen hat. Stell Dir vor, Du hast 30 Patient:innen auf Deiner Station liegen, die alle eine, manche vielleicht sogar zwei Infusionen bekommen. Im Unterricht lernst Du, dass jede Infusion zeitnah vorbereitet werden muss, das heißt, dass das Medikament unmittelbar vor Verabreichung in der Infusion aufgelöst werden muss. Danach sollst Du zur Patientin oder zum Patienten ins Zimmer gehen, Dich an ihr oder sein Bett stellen und dort dann die Infusion spiegeln. Infusionen spiegeln bedeutet, dass Du die Infusion, bevor Du sie an den Patienten anhängst, aufdrehst und laufen lässt, damit der Infusionsschlauch mit Flüssigkeit gespült ist und keine Luft darin bleibt. Danach hängst Du die Infusion an.
Nun hast Du das alles erledigt und merkst, dass das zeitlich ein ziemlicher Aufwand ist. Und dann sollst Du das für alle 30 Patient:innen so machen? Würde es nicht viel einfacher und schneller gehen, alle Infusionen auf einmal herzurichten, zu spiegeln und dann in die Patientenzimmer zu verteilen? Die Antwort lautet klar: Ja. Und genauso sieht es auch in der Pflegepraxis aus. So spart man sich enorm viel Zeit, die man, aufgrund von mangelndem Pflegepersonal, ja bereits zu wenig hat.
Blutzuckermessung: Wandel durch Wissenschaft
Ein weiterer Grund, warum viele Pflegetätigkeiten in der Praxis anders aussehen, ist, dass sich im Laufe der Jahre Handlungsschritte verändert haben und jeder etwas auf eine unterschiedliche Art und Weise lernt. Stell Dir vor, Du hast eine Diabetikerin oder einen Diabetiker auf der Station. Du musst regelmäßig den Blutzucker messen, um ihn im Normbereich zu halten und gegebenenfalls mittels Insulin oder Traubenzucker auszubessern. Das Blutzuckermessen läuft folgendermaßen ab: zuerst desinfizierst Du den Finger der Patientin oder des Patienten, lässt das Desinfektionsmittel 30 Sekunden einwirken, dann stichst Du sie oder ihn mit der Nadel und gibst dann einen Tropfen Blut auf das Messgerät.
Als Erstes wirst Du sehen, dass nicht jeder die 30 Sekunden Einwirkzeit beachtet, da es manchen einfach zu lange dauert. Zudem unterscheiden sich auch die Vorgehensweisen, sobald Du die Patient:innen mit der Nadel gestochen hast: Muss man den ersten Tropfen Blut wegwischen, oder kann man diesen bereits auf das Messgerät geben? Ich habe in meinem Pflegestudium gelernt, dass ich den ersten Tropfen Blut bereits auf das Blättchen des Messgeräts geben kann. Anderen Studierenden wurde hingegen beigebracht, dass man den ersten Bluttropfen sehr wohl wegwischen muss. Diese unterschiedlichen Lehrweisen wurden innerhalb eines Jahres geändert. Doch warum ändern sich solche Handlungsabläufe? Grund dafür sind wissenschaftliche Studien. Die Pflegeforschung beschäftigt sich damit, wie Pflegetätigkeiten am sinnvollsten und erfolgreichsten ablaufen. Wenn eine neue Erkenntnis, die wissenschaftlich fundiert ist, gewonnen wurde, dann wird das im Lehrplan berücksichtigt. Dadurch kannst Du in der Pflegepraxis sehr gut erkennen, wie und wann jemand etwas gelernt hat.
Zentralvenöser Katheter (ZVK): Wege und Materialmangel
Zudem könnten weite Wege und Materialmangel Gründe für geänderte Abläufe sein, um den exakten theoretischen Ablauf einhalten zu können. Widmen wir uns dem An- und Abhängen von Infusionen an einem zentralvenösen Katheter (ZVK). Ein ZVK ist ein Zugang mit einem Kunststoffschlauch, der in eine Vene am Hals eingeführt wird und in die obere Hohlvene mündet. Da der ZVK einen direkten Weg zum Herzen bietet, ist starke Vorsicht geboten. Der Anschluss, an dem die Infusion angehängt werden soll, muss auf alle Fälle steril bleiben. Im praktischen Unterricht lernt man deshalb, dass man bei jedem Infusionswechsel einen sterilen Tupfer mit Desinfektionsmittel unter den Anschluss hält. In der Praxis sind sterile Tupfer oftmals nicht in den Patient:innenzimmern vorhanden, weshalb Pflegepersonen den Infusionswechsel durchführen, ohne sterile Tupfer darunter zu halten, da sie ansonsten immer wieder extra welche holen müssten. Viele begründen das damit, dass sie sehr vorsichtig seien und aufpassen, dass der Anschluss nichts berührt. Andere wiederum haben es in ihrer Pflegeschule ohne sterile Tupfer gelernt.
Non-Touch-Technik: Ressourcen schonen
Weiters kann es sein, dass viele Pfleger:innen Ressourcen sparen wollen, da ohnehin schon extrem viel Material verbraucht wird. Wenn Du beispielsweise einen Verbandswechsel machst, lernst Du im Unterricht, dass Du zum Reinigen der Wunde eine sterile Pinzette benötigst, mit der Du die sterilen Tupfer an der Wunde anbringst. In der Pflegepraxis sieht das ganz anders aus. Da wird die sogenannte „Non-Touch-Technik“ angewendet. Wie der Name bereits sagt, bedeutet das, dass die Wunde so mit den sterilen Tupfern gereinigt wird, dass keine Bakterien hineinkommen. Dazu werden die Tupfer meist an den Ecken angegriffen, die die Wunde sowieso nicht berühren. Die Mitte der Tupfer ist allerdings noch steril, da Du sie nicht berührt hast, und so werden sie über die Wunde gegeben und die Wunde wird dadurch gereinigt. So sparst Du Dir beim Durchführen dieser Tätigkeit eine sterile Pinzette, die dann nicht weggeworfen oder wieder neu aufbereitet werden muss.
Blutabnehmen: Selbstschutz vs. Gewohnheit
Manche Handlungen werden auch mit der Zeit schlampiger durchgeführt. Hier zeige ich Dir das Beispiel des Blutabnehmens auf. Man lernt in der Ausbildung, dass man die Vene stauen, tasten und dann wieder entstauen soll. Danach desinfizierst Du die Stelle, wo sich die Vene befindet und in die Du hineinstechen willst. Dann ziehst Du Dir Handschuhe an, staust die Vene wieder und stichst hinein, um Blut abzunehmen. Wenn Du Dich in einem Krankenhaus befindest, kannst Du oft sehen, dass die Pflegepersonen zwar alle Handlungsschritte so einhalten, sich allerdings keine Handschuhe anziehen. Die Handschuhe dienen in diesem Fall nur als Selbstschutz für die Pfleger:innen. Da es viele umständlich finden, extra Handschuhe anzuziehen, lassen sie sie einfach weg. Die Patient:innen haben dadurch keinen Nachteil, allerdings könnte sich die Pflegeperson an den Händen mit Blut kontaminieren.
Patientenidentifikation: Eine Konstante in der Pflege
Gibt es nun etwas, das in der Theorie und in der Praxis genau gleich aussieht? Im Grunde sind es bei allen Pflegehandlungen die Abläufe, die immer gleich aussehen. Manche wurden im Laufe der Jahre modifiziert, wobei das allerdings meist nur Kleinigkeiten waren, sodass der Grundstock immer gleichblieb. Beispielsweise kann man hier das Geben eines Einlaufs heranziehen. Die Grundschritte sind, dass man etwas Gleitfähiges auf das Darmrohr gibt, dieses dann in den After mit leichten Drehbewegungen einschiebt und anschließend stuhlauflösende Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Klysmol, hineindrückt. Dieser Handlungsablauf ist bei jedem gleich, allerdings wendet ihn jeder unterschiedlich an. Für das gleitfähige Mittel nehmen die einen Vaseline, die anderen ein Gleitgel. Hier kommt es nur darauf an, dass es gut und ohne zu reizen in den After eingeführt werden kann. Was man verwendet, kann jeder individuell entscheiden.
Was ebenfalls in jedem Bereich der Pflege gleich durchgeführt wird, ist die Patientenidentifikation vor der Gabe eines Medikaments. Stell Dir vor, Du bist eine staatlich geprüfte Pflegekraft und verabreichst Deiner Patientin oder Deinem Patienten ein Medikament, egal in welcher Form. Wie weißt Du nun sicher, ob es sich bei der Person vor Dir um die richtige Patientin oder den richtigen Patienten handelt? Auf jedem Medikament, das verabreicht werden soll, stehen der Name, das Geburtsdatum, der Zeitpunkt der Gabe und im Krankenhaus auch die Zimmernummer drauf. Vor der Verabreichung fragst Du nun die Patientin oder den Patienten nach seinem Geburtsdatum und seinem Vornamen. Dadurch kannst Du sichergehen, dass es sich um die richtige Person handelt und dass keine Verwechslungen passieren.
Warum Theorie in der Ausbildung wichtig bleibt
Auch wenn der dynamische Alltag der Pflege oft schnelle Anpassungen erfordert und nicht immer alles exakt nach Lehrbuch ablaufen kann: Die Theorie gibt Sicherheit und ein unverzichtbares Fundament. Sie ist weit mehr als nur trockenes Wissen; sie ist Dein intellektueller Werkzeugkasten, der Dir hilft, komplexe Situationen zu analysieren, fundierte Entscheidungen zu treffen und Pflege wissenschaftlich zu begründen. Wer die theoretischen Konzepte versteht, kann die eigene Praxis kritisch reflektieren, Schwachstellen erkennen und kontinuierlich verbessern.
Wie bereits zitiert, betonen Expert:innen die fundamentale Bedeutung: „Pflegetheorien bieten eine strukturierte Grundlage für pflegerisches Handeln und fördern die klinische Entscheidungsfindung.“ (Quelle: StudySmarter. Pflegetheorie: Definition & Orem). Diese strukturierte Basis ist entscheidend, um Fehler zu vermeiden und die Patientensicherheit zu gewährleisten, selbst wenn der Zeitdruck hoch ist. Theoretisches Wissen befähigt Dich, Deine Verantwortung zu übernehmen und ethisch korrekte Entscheidungen zu treffen – ein Kernaspekt des Pflegeberufs (Mehr über Pflegeethik erfahren). Es ermöglicht Dir auch, neue Situationen und unbekannte Krankheitsbilder schnell zu erfassen und adäquate Maßnahmen abzuleiten, statt nur auf Routine oder Gewohnheit zu vertrauen. Ein tiefes Verständnis der Evidenzbasierten Pflege ist der Schlüssel zu kontinuierlicher Professionalisierung und zur Anpassung an neue Forschungsergebnisse (Was Evidenzbasierte Pflege bedeutet).
noracares ist sich der Bedeutung von fundierter Ausbildung und kompetenten Pflegekräften bewusst. Als Plattform, wo Pflegekräfte passende Jobs finden (Hier Jobs finden) und direkt mit Familien sprechen können, um deren Angehörige zu pflegen, legen wir Wert auf Fachkenntnis und Transparenz. Familien finden hier qualifizierte Pflegekräfte, die sie benötigen . Wir unterstützen Pflegekräfte dabei, ihre Kompetenzen voll einzusetzen und bieten Familien transparente und faire Bedingungen, die auf Vertrauen und Qualität basieren. Unser Ziel ist es, den Pflegemarkt zu revolutionieren und die Brücke zwischen Theorie und Praxis im Alltag zu schlagen, indem wir professionelles Handeln fördern und unterstützen.
In nahezu allen Fällen kann man sich auf die Pflegepersonen verlassen, dass das, was sie tun, das Richtige ist. Nur weil zwei Pflegekräfte eine unterschiedliche Herangehensweise haben, heißt es nicht, dass das eine falsch oder das andere richtig ist. Wie ich bereits erwähnt habe, kommt es eben oft darauf an, wie eine Pflegerin oder ein Pfleger die Pflegehandlungen gelernt hat.
Theorie ist kein Luxus – sie ist die Basis für professionelle Pflege. Auch wenn nicht alles im Alltag genau so läuft wie im Buch, hilft das theoretische Wissen, Entscheidungen sicher und begründet zu treffen. Wenn Du Dich in Ausbildung befindest, hilft Dir Theorie beim Verstehen. Wenn Du bereits arbeitest, hilft sie Dir beim Reflektieren und der Anpassung an die realen Bedingungen. Pflege braucht Herz – und ein klares Fundament.
Falls Du dennoch unsicher bist, kannst Du auch direkt bei der Pflegeperson nachfragen, warum sie eine Tätigkeit auf diese Art und Weise ausführt. Die Pflegerin oder der Pfleger wird Dir dann ihre oder seine Handlungsschritte erklären und begründen, warum sie oder er das so machen.
Alles Liebe,
Nora
- ABEDLs (Aktivitäten, Beziehungen und existenzielle Erfahrungen des Lebens) - Ein Pflegemodell von Monika Krohwinkel, das die ganzheitliche Betrachtung des Menschen in den Mittelpunkt stellt.
- Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:in - In Österreich die Berufsbezeichnung für eine examinierte Pflegefachkraft mit akademischer Ausbildung.
- Evidenzbasiert - Basierend auf wissenschaftlich nachgewiesenen Fakten und Studienergebnissen. In der Pflegepraxis bedeutet dies, Handlungen auf Basis der besten verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz zu begründen.
- Handlungs-Check-Listen - Detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen für pflegerische Tätigkeiten, die den korrekten und sicheren Ablauf gewährleisten sollen.
- Klysmol - Ein medizinisches Präparat, das als Einlauf zur Darmentleerung oder zur Behandlung von Verstopfung eingesetzt wird.
- Non-Touch-Technik - Eine Hygienetechnik bei Wundverbänden, bei der die Wunde und das sterile Material nicht direkt mit unsterilen Händen berührt werden, um Kontaminationen zu vermeiden.
- Pflegeforschung - Der wissenschaftliche Bereich, der sich mit der Untersuchung und Verbesserung von pflegerischen Prozessen, Methoden und ihrer Wirksamkeit beschäftigt.
- Pflegetheorie - Ein systematisches Konzept, das pflegerisches Handeln beschreibt, erklärt und begründet, um eine wissenschaftliche Basis für die Pflegepraxis zu schaffen.
- Pflegemodell - Eine konkretisierte Anwendung einer Pflegetheorie, die als praktischer Rahmen für die Planung, Durchführung und Evaluation der Pflege dient.
- Steril - Frei von lebenden Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze etc.). Sterile Materialien werden in der Pflege eingesetzt, um Infektionen zu vermeiden.
- ZVK (Zentralvenöser Katheter) - Ein Katheter, der in eine große Vene (oft am Hals oder unter dem Schlüsselbein) eingeführt wird und bis nahe ans Herz reicht. Er dient zur Verabreichung von Medikamenten, Flüssigkeiten oder zur Messung von zentralen Blutdruckwerten.